Es ist schmerzhaft, zu verlieren. Doch warum? Und vor allem wie schaffen wir es, Verluste besser zu akzeptieren und sie als Gelegenheit zum persönlichen Wachstum zu betrachten. Dieser Artikel gibt Antworten.

Warum können die Menschen schlecht verlieren?

Der Wunsch, zu gewinnen, ist tief in unserer DNA verwurzelt. Unsere Vorfahren haben ständig um begrenzte Ressourcen konkurriert, der Sieg war dabei stets ein Überlebensvorteil. Dieser “Wettbewerb um Ressourcen”-Mechanismus bleibt, bis heute, tief in unserer Psyche integriert und resultiert in einem starken Unbehagen bei Verlusten.

Ferner konnte die Ablehnung anderer Menschen, die mit Verlusten einhergeht, in prähistorischen Zeiten ein echtes Problem darstellen. Damals waren wir, viel mehr als heute, von der Meinung der Gruppe abhängig. Eine Ausstoßung aus der Gruppe war gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir eine tief verwurzelte Angst vor Ablehnung durch andere Menschen haben. Sie ist nicht anerzogen, sondern angeboren.

Im Laufe der Jahrtausende haben wir uns einfache Strategien ausgedacht, wie wir diese Probleme umgehen können. Sie summieren sich wie folgt: Übe vollständige Kontrolle aus, dann kannst du nicht verlieren und wirst auch nicht abgelehnt. Sehr einfach und augenscheinlich falsch; dennoch bringen wir ebendies unseren Kindern bei, indem wir ihren Wert an das Erlangen von Erfolgen binden. Die Devise lautet: Du musst gewinnen!

Erschwerend kommt hinzu, dass Menschen Verluste überproportional stärker wahrnehmen als gleichwertige Gewinne (vgl. Prospect Theory ) dies erklärt auch, warum Bestrafung, trotz ihres schlechten Rufs, “kurzfristig” ein gewünschtes Verhalten bewirkt.

In Summe bedeutet dies, dass wir bei Verlusten sehr real und intensiv Schmerz erleiden. Für viele Menschen, die in ihrer Kindheit nicht auf diesen Effekt vorbereitet wurden, kann dieser Schmerz geradezu unerträglich sein. Sie fühlen sich gezwungen, etwas dagegen zu unternehmen. Je nach Persönlichkeitstyp äußert sich dies in Vermeidungsverhalten (Totstellen), Wutreaktionen (unkontrollierter Angriff) oder durch Spielverderberei (Weglaufen).

Doch eines muss uns stets bewusst sein, alle Menschen haben mit denselben “negativen” Emotionen und vererbten Verhaltensweisen zu kämpfen. Warum gelingt es einigen so viel besser, damit klarzukommen?

Was macht einen guten Verlierer aus?

Einen guten Verlierer macht in erster Linie eine gesunde Einstellung zu Verlusten aus. Und ebendiese Einstellung können wir beeinflussen und verändern. Nur wohin?

Für mich gibt der Schriftsteller Friedrich Nietzsche hier eine klare Empfehlung, die er in nur zwei Wörtern zusammenfasst: “Amor Fati”, was so viel bedeutet wie “Liebe dein Schicksal”. Laut ihm müssen wir versuchen, alles, was uns widerfährt (insbesondere Veluste) vorbehaltlos akzeptieren und sogar lieben. Denn wenn wir die Realität so akzeptieren, wie sie ist, und das Beste daraus machen, werden wir unabhängig von den Umständen immer gewinnen. Wir lieben das was kommt; was immer auch kommt.

Diese Einstellung umzusetzen ist nicht leicht, aber der Aufwand lohnt sich. Basierend auf Amor Fati möchte ich mit euch Sichtweisen teilen, die helfen können, einen auch noch so schweren Verlust zu verkraften:

  1. Wir müssen alles, was uns widerfährt, bedingungslos als Gelegenheit zum Wachstum sehen. Wir müssen rational analysieren, was schiefgegangen ist, es zerlegen, und daraus lernen. Es ist dein Schicksal. Liebe es und versuche zu verstehen, was es dir sagen will.

  2. Erinne dich stets daran, dass alles, was dir widerfährt, meist außerhalb deiner Kontrolle liegt. In unserer komplexen Welt herrscht oft Chaos. Du kannst zur falschen Zeit am falschen Ort sein – ist das deine Schuld? Sicherlich nicht. Aber es liegt in deiner Verantwortung, wie du damit umgehst. Lasse dein Ego beiseite und vergiss nicht, dass sowohl Glück als auch Pech unpersönlich sind.

  3. Sei flexibel. Starres Festhalten an Ideen, Verhaltensweisen oder Jobs kann langfristige Probleme verursachen und sogar Krankheiten hervorrufen. Das buddhistische Prinzip “Geist des Anfängers” kann hier hilfreich sein: Im Geist des Anfängers gibt es viele Möglichkeiten, im Geist des Profis nur wenige. Versuche Verluste als Anfänger zu betrachen dem alle Möglichkeiten offen stehen darauf zu reagieren.

  4. Begehre nicht, was du nicht bereits hast. So kann man es dir auch nicht wegnehmen. Aber nutze alles, was dir eigen ist, um dich zu verbessern.

  5. Wut ist schlechter Treibstoff. Manche raten dazu, aus der Wut, die ein Verlust hervorrufen kann, Energie zu ziehen. Das jedoch führt oft zu emotionaler “Umweltverschmutzung” und einem allgemein miserablen Gefühl. Ja, man könnte so gewinnen, aber um welchen Preis?

  6. Praktiziere, das ebenfalls von Friedrich Nietzsche stammende Prinzip der Mitfreude. Mitfreude ist das absolute Gegenteil zur Schadenfreude. Gratuliere Menschen nicht einfach nur zu ihrem Glück, was leicht zu tun und leicht zu vergessen ist, sondern versuche aktiv, ihre Freude zu empfinden, als eine Form der Empathie.

Die 6 Punkte sind für mich Leitplanken, an denen man sich orientieren kann, um ein guter Verlierer zu sein. Aber auch die Besten unter uns haben schwache Momente, in denen sie sich nicht so orientieren können. In solchen Momenten empfehle ich, dein Unterstützungsnetzwerk zu nutzen: Familie, Freunde, positive Kollegen und Trainer können dich durch die schwierigen Zeiten bringen. Auch eine kurze Zeit des Rückzugs kann helfen. Doch letztlich beginne wieder am Anfang. Beginne mit “Amor Fati”

Zusammenfassung

Der Artikel untersucht, warum Menschen oft Probleme mit Verlusten haben, und bietet Vorschläge zur Verbesserung dieses Verhaltens. Unter Bezugnahme auf Friedrich Nietzsches Konzept “Amor Fati” wird empfohlen, Verluste als Gelegenheiten zum Lernen zu sehen. Sechs praktische Tipps, darunter Flexibilität, Akzeptanz der Unkontrollierbarkeit und der Fokus auf persönliches Wachstum, sollen eine gesunde Einstellung zu Verlusten fördern.

Bibliografie

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  5. Aurelius, Marcus. Des Kaisers Marcus Aurelius Antonius Selbstbetrachtungen
  6. Luerweg, Frank. Spektrum der Wissenschaft. Aufstehen, Krone richten, weitergehen