Die ganze Welt ist Bühne,/ Und alle Fraun und Männer bloße Spieler./ Sie treten auf und gehen wieder ab,/ Sein Leben lang spielt einer manche Rollen/ Durch sieben Akte hin … - William Shakespeare

Das Leben ist ein Spiel, und wir spielen alle unsere Rollen. Manche weigern sich vielleicht, dieses Spiel mitzuspielen, aber letztlich werden sie an den Rand gedrängt und gezwungen, die Außenseiterrolle zu spielen, mit eingeschränkten Möglichkeiten und wenig Freiheit. Doch auch bewusst eine andere Rolle zu spielen, fällt den Menschen schwer und ist nicht selten von geringer Dauer. Zum Beispiel würde doch niemand gerne andere Menschen gezielt verärgern, und doch gibt es Menschen, denen so etwas ungewollt zielsicher gelingt. 

Hauptsächlich liegt diese wie Schicksal oder Karma erscheinende Dynamik daran, dass wir alle Zwängen unterliegen, denen wir ausgeliefert sind. Unsere Erziehung legt uns Verhaltensweisen in die Wiege, die wir fast wie Roboter automatisch abspielen. Wir sind zur Wiederholung dieses Verhaltens verdammt. In Menschenmengen werden wir stark durch unsere Instinkte beeinflusst. Wir treffen vorschnelle Handlungen, durchdenken nichts und folgen der Gruppe. Und dies sind nur ein paar Beispiele, wie unser Unterbewusstsein uns steuert.

Tatsächlich sind wir uns nicht bewusst, wie unbewusst wir handeln. „Der Mensch hat keinen freien Willen“ ist eine Aussage, die in unserer heutigen Welt fast wie ein Tabu ist. Die meisten Menschen würden sich weigern, dies zuzugeben. Sie treffen doch alle Entscheidungen selbst. Oder doch nicht?

Jeder kennt es: Wir haben die besten Absichten und versuchen, eine unserer Verhaltensweisen zu verändern. Aber kaum nehmen wir uns etwas vor, schon handeln wir entgegengesetzt unseres Vorsatzes, weil dies unserem Gehirn umso vieles leichter fällt. Der alte Weg hat sich ja bewährt. Er wurde so viele Male ausgeführt, er kann doch nicht falsch sein! Warum ändern? Wie ändern?

Eine Eigenschaft des Menschen unterscheidet uns wie keine zweite von der Tierwelt. Als einziges Wesen auf dem Planeten Erde sind wir in der Lage, rational zu denken und uns selbst zu reflektieren. Hierdurch können wir unsere automatischen Verhaltensweisen, unsere Zwänge, unsere Denkmuster erkennen und bewerten. Dies erfordert Energie, sehr viel Energie. Es ist fast zu schwer für uns. Doch wenn uns dies konsistent jeden Tag gelingt, sind wir auch in der Lage, kleine Änderungen durchzuführen, langsam und stetig. Mehr ist kaum möglich. Durch viele kleine Änderungen über große Zeiträume können wir immer mehr zu dem Menschen werden, der wir gerne sein möchten.

Bleibt nur noch die allzu menschliche Frage nach der Abkürzung. Nach der Pille, die man nehmen kann, um nicht den langen „anstrengenden“ Weg gehen zu müssen. Mir ist leider ein solches Wundermittel nicht bekannt. Aber es gibt Medizin in Form von Wissen, das helfen kann, den Weg etwas klarer zu sehen und etwas leichter voranzuschreiten. Dabei handelt es sich um bewährte Taktiken, die Veränderungen erleichtern oder erst überhaupt ermöglichen. Und diese möchte ich gerne teilen:

(Seelen-)Ruhe

Unsere Impulse sind nicht anderes als Fäden, die uns wie eine Marionette steuern. Die Fäden werden von anderen Menschen, meist unbewusst, gezogen. Ein Zustand der Ruhe wird benötigt, um dieses Verhalten zu erkennen und dann eigene Entscheidungen zu treffen. Wir sollten alles daran setzen, den Zustand der Ruhe und damit unser höheres Selbst zu erreichen.  Was hilft dabei:

  • Hochwertige Arbeit: Paradoxerweise ist einer der besten Möglichkeiten Ruhe zu erlangen an Dingen zu arbeiten, die Wert schaffen. Für einen selbst und auch für andere. Hochwertige Arbeit, die einem dem persönlichen Sinn näher bringt, bringt uns in einen Zustand, der der Seelenruhe sehr nahekommt. Dies wird Flow genannt. Flow ist eine ausgezeichnete Möglichkeit ohne Angst zu sein und über sich hinauszuwachsen.
  • Vorbereitung: so profan es klingt, so wichtig ist es. Sei stets vorbereiten auf einen Ernstfall. Dadurch kannst du besser die Ruhe bewahren. Erarbeite Strategien, wie du mit Problemen umgehen willst. Lass dich nicht überrumpeln.
  • Wut ist zeitweiliger Wahnsinn, vermeide sie: Tue alles, um nicht aus Wut zu handeln. Sie erlaubt anderes leichtes Spiel mit dir.  Du kannst stets davon ausgehen, dass alles, was du unter dem Einfluss von Wut tust, kein gutes Ende nehmen wird. Kanalisiere die Wut in deine Arbeit. Dort kann sie gutes tun.
  • Multitasking unterbinden: Multitasking führt dich von der Ruhe weg, da du dich ständig darauf konzentrieren musst, zwischen Aufgaben zu wechseln. Das führt zu Überforderung, Unruhe und Angstzuständen. Bleibe stattdessen bei einer Aufgabe.

Empathie

Wir können uns nicht entziehen, dass wir soziale Wesen sind. Dies ist unserer Natur. Es wird immer so sein, dass wir stark von unseren Kollegen, Freunden, Vertrauten u.v.m. direkt oder indirekt beeinflusst werden. Uns vor dieser Welt zu verschließen, ist ein sicherer Weg in die Isolation. Daher müssen dies akzeptieren und damit arbeiten. Folgendes sind Taktiken, die wir anwenden können, um dies zu erreichen:

  • Zuhören: Höre aktiv zu, wenn andere Menschen mit dir reden. Reagiere niemals vorschnell und aus Eigeninteresse. Sondern lass sie die anderen reden. Versuche wirklich zu verstehen. Übernehme alles, was dir nützlich erscheint. Vergiss den Rest.
  • Unterlegenheit suggerieren: Menschen möchten sich dir überlegen fühlen. Gib diesem Wunsch nach. Lass sie sich überlegen fühlen. Dies ist die beste Art andere zu manipulieren, während man in Ruhe an seinen Themen arbeiten kann.
  • Gewinne niemals eine Diskussion durch Argumente, sondern immer durch Taten: Argumentiere nicht, sondern demonstriere. Alles andere führt zu unterschwelliger Wut und Hass.
  • Die Kunst der Abwesenheit: Wir sollten stets eine nebulöse Aura wahren und dies gezielt durch Abwesenheit bzw. nicht Verfügbarkeit unterstreichen. Hierdurch werden wir weniger vorhersehbar. Man nimmt uns nicht als Inventar wahr, sondern wir werden in den Köpfen der Menschen präsenter, weil interessanter.

Zeit

Was ist das wertvollste, was wir besitzen? Unsere Lebenszeit.  Es ist simpel, alles, was wir tun ist ein Tauschgeschäft. Wir investieren unsere Lebenszeit und bekommen etwas dafür. Meist Geld. Es ist unsere Aufgabe unsere Lebenszeit klug zu investieren in unsere positive Veränderung. Hierzu bewährte Taktiken:

  • Systeme: Wir können uns nicht auf unser Gehirn verlassen. Alles, was wir aufnehmen, ist spätestens ein paar Tage später nicht mehr in unseren Köpfen vorhanden. Vergessen!  Die Zeit, die wir z.B. in das Lesen eines Buches oder das Hören eines Vortrages investieren, ist verschwendet. Doch gibt es einen Ausweg, das Notieren und aufbewahren von Informationen in einem vertrauenswürdigen System. Ob digital oder analog. So sind wir in der Lage, unsere Aufmerksamkeit zu speichern und sie bei Bedarf abzurufen.
  • Komponenten denken Arbeitsresultate, Zwischenstände, Protokolle usw. sehen wir als unwichtig an. Doch sind sie die Bausteine eines Resultats. Um Zeit zu sparen, müssen wir in der Lage sein ganze Projekte wie Lego aufzubauen. Die Lego Bausteine sind Komponenten, die wir über längere Zeiträume aus unseren Notizen herausschneiden und ständig verfeinern. Dies können Vorlagen, Fragenkatalog, Diagramme usw. sein. Wichtig ist, dass wir sie verallgemeinern und stets auffinden können, wenn wir sie benötigen. Dies wirkt, wenn richtig durchgeführt, fast wie Magie. (Übrigens habe ich mittlerweile meinen eigenen Artikel zum Thema “Komponenten-Denken” veröffentlicht. Du kannst ihn hier finden!)
  • Grenzen: Um Prioritäten zu setzen, musst du Optionen haben. Optionen bekommst du, wenn du deine Zeit massiv einschränkst, die du investieren willst. Nun musst du wählen, was wichtig ist. Jetzt kannst du auch nicht mehr verschwenderisch sein, sondern musst dich fokussieren.  Die Zeit, die du so frei machst, gehört dir allein. Nutze sie gut.

Bibliografie

  1. Green, Robert. The Laws of Human Nature, Profile Books, 2018
  2. Forte, Tjago. Just-In-Time PM #13: Component Thinking
  3. Seneca. Briefe an Lucilius, Reclam, 2014
  4. Cal, Newport. Deep Work: Rules for Focused Success in a Distracted World. Piatkus, 2016
  5. Forte, Tjao. Building a Second Brain: A Proven Method to Organise Your Digital Life and Unlock Your Creative Potential (English Edition), Profile Books, 2022